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Badische Zeitung vom Dienstag, 1. August 2006
Heftige Diskussion um Polizeieinsatz Polizei und Stadtverwaltung rechtfertigen den Großeinsatz am Wochenende, Kritiker nennen ihn "unverhältnismäßig" Von unserer Redakteurin Simone Lutz Die Polizeieinsätze des vergangenen Wochenendes haben in Freiburg eine heftige Diskussion entfacht: Ist die Polizei angemessen vorgegangen oder hat sie überreagiert? Derweil werfen sich Polizei und Stadtverwaltung auf der einen Seite sowie die Wagenburg-"Schattenparker" und die KTS-Initiative auf der anderen Seite vor, schuld daran zu sein, dass die Situation eskalierte. Die Bilanz des Wochenendes: ein schwer verletzter Polizist, die Mobilisierung mehrerer Hundertschaften Polizei, zahlreiche Personenüberprüfungen und Festnahmen - und die Frage: Hätte das alles sein müssen? Aus Sicht von "Schattenparkern" und KTS ist die Räumung des Geländes an der Munzinger Straße am Freitag sowie die Einkesselung von Demonstranten in der Innenstadt am Samstag "Law & Order-Politik" , mit der eine friedliche Veranstaltung völlig unverhältnismäßig unterbunden werden sollte. Verhandlungsangebote der Demonstranten seien von der Polizei kategorisch abgelehnt worden. Aus Sicht der Polizei und der Stadtverwaltung stellen sich die Dinge völlig anders dar. Wie Joachim Metzger, Leiter des Führungs- und Einsatzstabes gestern sagte, wäre nicht geräumt worden, wenn sich die Besetzer an die zuvor ausgehandelten Bedingungen - keine Gewalt, keine Auffälligkeiten - gehalten hätten. Doch habe es massive Anwohnerbeschwerden sowie vier oder fünf Ladendiebstähle im Gebiet gegeben, woraufhin der Besitzer des Geländes um eine Räumung ersucht habe. Am frühen Freitagmorgen, als ein Polizist schwer verletzt wurde, sei es zu Landfriedensbruch, Körperverletzung und Sachbeschädigung gekommen. Wegen der Gewalttätigkeit und des aggressiven Potenzials der Teilnehmer sei die Polizei davon ausgegangen, dass es auch bei der nicht genehmigten Demonstration am Samstag zu Gewalttätigkeiten hätte kommen können. Am Freitag wurden an der Munzinger Straße 258 Personen überprüft und 222 mit einem Platzverweis für Freiburg belegt. Am Samstag wurden am Platz der Alten Synagoge 359 Teilnehmer der Demonstration kontrolliert, 27 wurden in Gewahrsam genommen: 22 hatten den Platzverweis ignoriert, fünf wurden wegen Delikten wie Widerstand festgenommen. Auch vor der Privatwohnung von Oberbürgermeister Salomon wurden zehn Personen aus dem Umfeld der "Schattenparker" von der Polizei gestellt, die sich Eintritt hatten verschaffen wollen. "Im Rückblick ist es immer leicht zu sagen, da war zu viel Polizei" , sagte gestern Heiner Amann, Leiter der Polizeidirektion Freiburg. "Aber wir mussten uns darauf einstellen, dass der Räumungseinsatz nicht friedlich verläuft." Auch der Samstag sei nur friedlich geblieben wegen der demonstrierten polizeilichen Stärke. "Deeskalation heißt nicht, dass sich die Polizei zurückzieht und wegschaut." Die Polizei bemühe sich seit Jahren, die Spielregeln für Veranstaltungen und Demonstrationen mit der Szene abzusprechen, doch "die verweigern sich komplett, dann kann man auch nicht kooperieren" . Und Salomon meinte im Hinblick auf KTS und "Schattenparker" : "Wer solche Leute einlädt, ist auch dafür verantwortlich, was diese Gäste anstellen." Stadtratsfraktion und Kreisverband der CDU sowie die Junge Union forderten in ersten Stellungnahmen, städtische Zuschüsse für KTS und Schattenparker auf den Prüfstand zu stellen. Die Unabhängigen Listen sprachen von "unangemessener und gezielt Eskalation provozierender Polizeiaktivität" . Das Komitee für Grundrechte und Demokratie kündigte an, einen Runden Tisch einrichten zu wollen, um Konflikte in Zukunft konstruktiv zu lösen. Zahlreiche Bürger und Passanten, die die Einkesselung am Samstag in der Innenstadt miterlebt hatten, wandten sich in E-Mails und Briefen an die BZ. Die Frage auch in diesen Beiträgen: War ein derart martialisches Auftreten der Polizei nötig? |
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