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Im Südwesten
Streit in Freiburg um neue Polizeitaktik Alternative beklagen die Demonstration von Stärke - OB Salomon sieht keinen Kurswechsel Nach dem massiven Polizeieinsatz vom vergangenen Wochenende fragt man sich in Freiburg, ob die Stadt ihren bisherigen Kurs der Deeskalation verlassen will. Statt auf Zurückhaltung setzt man neuerdings auf die Demonstration von Stärke. Von Ute Köhler Wie viel Polizei ist zu viel? "Hinterher weiß man das immer besser" sagt Freiburgs Polizeidirektor Heiner Amann. Aber auch hinterher gibt es für ihn keine Zweifel. Die Hundertschaften, die am vergangenen Wochenende die zwei- bis dreihundert Anarchos in Schach zu halten versuchten, seien genau richtig gewesen, meint Amann: "Wir wussten ja nicht, wie viele da kommen." Personenkontrollen, Platzverweise, Aufenthaltsverbot für das Stadtgebiet, Einkesseln: Völlig unangemessen sei das Aufgebot der Polizei gewesen, klagen die Freiburger Wagenburgbewohner "Schattenparker", eine "skandalöse und brutale Polizeiführung" habe die Blumenkinder provoziert, die allein Ideen über bunten und friedlichen Widerstand hätten austauschen wollen. Einzelne Stadträte der Linken Liste und der Grünen assistieren. Die Aggression sei einzig von den Polizeibeamten ausgegangen, versichern sie und berichten von Schlagstockeinsätzen aus dem Hinterhalt und ungewohnter Brutalität. Polizeichef Amann bestätigt eine Schlagstockattacke, gibt aber an, die Beamten hätten sich auf diese Weise gegen gewalttätige Angreifer wehren müssen. Dass sie dabei nicht zimperlich waren, mag dem Angriff auf einen Polizisten in der Nacht zum Freitag zu danken sein; er wurde durch eine Bierflasche schwer verletzt und wird womöglich nie wieder richtig sehen können. Was die Frage der Verhältnismäßigkeit angeht, passt zwischen OB Dieter Salomon (Die Grünen) und den Polizeichef Heiner Amann kein Blatt Papier. Salomon verliert sichtlich die Geduld mit Gruppierungen wie den "Schattenparkern", die Anspruch auf städtische Flächen erheben und gleichzeitig nach Kräften "die Stadtverwaltung verarschen". Dass außerdem am Samstagabend versucht wurde, Zutritt zu seiner Privatwohnung zu erlangen, hat ihn überdies erbost. Möglicherweise verstellt dieser Ärger den Blick auf die Entwicklung, die die Freiburger Polizeitaktik in den letzten Jahren genommen hat. "Es gibt keinen Kurswechsel", versichern zwar Amann, Salomon und der für die öffentliche Sicherheit zuständige Bürgermeister Otto Neideck (CDU), "wir setzen weiter auf Deeskalation". Aber: "Ohne Kooperation keine Deeskalation" mahnt der Polizeichef und klagt: Man finde keine Ansprechpartner in der Szene, alle Versuche zusammenzuarbeiten seien gescheitert. Nonsens, meint dazu die Grünen-Fraktionschefin im Gemeinderat, Maria Viethen. Viethen, heute Rechtsanwältin, hat selbst eine bewegte Vergangenheit in der Freiburger Hausbesetzerszene, und sie sagt: "Ansprechpartner gab es nie." Trotzdem ist es den Beamten früher gelungen, Zugang zu finden, Verfahren abzusprechen, ja sogar Demonstrationszüge wie unabsichtlich über andere Wege zu leiten als von den Organisatoren beabsichtigt. Das war die intelligente "Freiburger Linie", auf die man stolz war. Deeskalation, das hieß: Die Polizei ist mit ausreichenden Kräften vor Ort, aber sie zeigt sie nur, wenn es nötig wird. Die Beamten, die damit Erfolg hatten, sind inzwischen alle im Ruhestand. Und heute wird Deeskalation anders buchstabiert: "Die Räumung des Geländes ist nur so friedlich abgelaufen, weil so viel Polizei da war", glauben Amann und Salomon. Ob diese neue Strategie befriedend wirkt, wird man Ende August wissen. Dann müssen die Schattenparker ihr vorübergehendes Domizil in einem Gewerbegebiet endgültig verlassen. |
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